Neue Talente finden und einstellen ist ein sehr komplexer Prozess geworden. Sie müssen mehrere Kanäle bespielen, die Kosten im Auge haben und darauf achten, dass der Einstellungsprozess effizient gestaltet ist.
Um komplexe Vorgänge kontrollieren und optimieren zu können, müssen Sie diese in ihre Bestandteile zerlegen und jeden Teilprozess genau unter die Lupe nehmen.
Beim Einstellungsprozess gibt es viele Schritte, die verbessert werden können. Diese stellen besondere Herausforderungen an Sie und das Recruiting-Team. Ganz vorne stehen natürlich die Kosten, es gibt aber noch andere Kennzahlen, die über Erfolg und Misserfolg des Einstellungsprozesses entscheiden können.
Recruiter*innen stehen heute einem wachsenden Aufgabenfeld gegenüber: Sie müssen stärker am Employer Branding arbeiten, Active Sourcing voranbringen und auch noch einen digitalen Bewerbungsprozess einführen, soweit nicht vorhanden.
Im Mittelpunkt bleibt aber immer der klassische Einstellungsprozess, an dessen Ablauf sich kaum etwas geändert hat. Selbst digitale Lösungen kommen um die wichtigsten Schritte nicht herum.
Im Einstellungsprozess gibt es immer Raum zur Verbesserung, aber oft genug fehlt es an den richtigen Ideen. Dieser Artikel wird Ihnen eine Hilfe dabei sein, die einzelnen Schritte zu verbessern. Sie können die Vorgehensweise auf alle Einstellungen anwenden und damit den Prozess optimieren oder nur in bestimmten Teilen des Recruitings umsetzen.
1. Schritt im Einstellungsprozess: Gute Planung spart Geld und Zeit
Je besser Sie den Einstellungsprozess planen, umso reibungsloser kann er später ablaufen. Der erste Schritt im Einstellungsprozess ist also immer die Definition dessen, was Sie eigentlich suchen.
Dies ist entscheidend für die spätere Stellenbeschreibung und die Anzeige. Je genauer die Stelle beschrieben und definiert ist, umso präziser lassen sich Kandidat*innen finden.
Der Planungsschritt umfasst einige Teilabschnitte:
Wie lautet die bisherige Stellenbeschreibung?
Welche Tätigkeiten wurden ausgeführt?
Welche besonderen Anforderungen gibt es an die Position?
Welche Skills erwarten Sie von den Bewerber*innen?
Welche Zusatzleistungen können Sie bieten?
Welche Gehaltsvorstellungen haben Sie?
Was braucht es, um ein Cultural Fit in Ihrem Unternehmen zu sein?
Welche Vision müssen Bewerber*innen teilen?
Herausforderungen in diesem Schritt
Es besteht oft die Gefahr, dass eine Stellenausschreibung einfach übernommen wird. Dabei fließen aber neue Erkenntnisse und Anforderungen nicht mit ein.
Lösung:
Sprechen Sie mit allen Mitarbeiter*innen, die mit dieser Stelle verbunden sind. Das sind auf jeden Fall die Vorgesetzten, aber auch direkte Kolleg*innen. Sammeln Sie Informationen anhand der obigen Frageliste und überprüfen Sie die bestehende Stellenausschreibung.
2. Schritt im Einstellungsprozess: Stellenanzeige formulieren
Die Stellenanzeige ist das wohl wichtigste Werkzeug im Einstellungsprozess und dennoch bekommt es nicht immer die Aufmerksamkeit, die sie verdient.
\Die Art und Weise wie eine Stellenanzeige heute formuliert und gestaltet ist kann erheblich zum Erfolg beitragen. Ein kritischer Bestandteil ist zum Beispiel die Sprache: Sprechen Sie die anvisierten Bewerber*innen auf Augenhöhe an oder verwenden Sie eine zu formale Sprache?
Die meisten Bewerber*innen entscheiden nach wenigen Sekunden, ob sie eine Stellenanzeige komplett durchlesen oder abbrechen. Es gilt also, die wesentlichen Bestandteile herauszuarbeiten und zu optimieren:
Verwenden Sie eine Positionsbeschreibung, die verständlich und branchenüblich ist.
Beschreiben Sie die wichtigsten Aufgaben, die mit der Stelle zusammenhängen.
Erklären Sie, warum es eine spannende und interessante Aufgabe ist.
Erwähnen Sie, was Bewerber*innen bei Einstellung lernen können.
Beschreiben Sie Ihre Unternehmen so, dass es Interesse für mehr weckt
Achten Sie darauf, dass die Stellenanzeige dem AAG entspricht(hier helfen automatisierte Lösungen wie eine Recruiting-Software)
Herausforderungen
Neben dem alten Problem, dass bestehende Stellenanzeigen einfach nur mit einem neuen Datum versehen werden, liegen die Herausforderungen im Text selbst. Er ist unübersichtlich gestaltet, zu lang oder nicht präzise genug. Viele Interessierte springen dann ab.
Lösung:
Versetzen Sie sich in die Rolle der Kandidat*innen. Überlegen Sie sich, was Sie von einem Unternehmen über eine Stelle wissen wollen. Beschreiben Sie nicht, wie toll die Stelle ist, sondern warum sie es ist, ohne dabei zu übertreiben. Stellen Sie Ihr Unternehmen als einen interessanten Arbeitsplatz dar und nicht seine Marktposition.
3. Schritt im Einstellungsprozess: Die richtigen Kanäle für Stellenanzeigen finden
Der wohl kostenintensivste Schritt im Einstellungsprozess sind die Stellenanzeigen. Hier können schnell einige tausend Euro zusammenkommen. Deshalb sollten Sie versuchen, dieses Budget so gut wie möglich einzusetzen und einen maximalen Output zu erreichen. Dieser ist eng mit der Qualität der Kandidat*innen verbunden.
Es hilft nichts, viele Bewerbungen zu erhalten, wenn die meisten nicht einmal die Mindestanforderungen bestehen. Je genauer Stellenanzeigen eingesetzt und platziert werden, je besser ist das Feedback.
Einige wichtige Punkte beim Finden der passenden Recruiting-Kanäle sind:
Wo befinden sich potenzielle Kandidat*innen? Lesen Sie Zeitung oder Jobbörsen, nutzen sie soziale Netzwerke oder internationale Businessnetzwerke?
Wie gut passt eine Jobbörse zu Ihrer Stellenanzeige? Gibt es dort bereits ähnliche Stellengesuche?
Gibt es Jobbörsen und andere Kanäle, die sich auf bestimmte Branchen spezialisiert haben?
Haben Sie Daten aus Ihrem Bewerbermanagement-System, welche Kanäle bislang am besten performt haben?
Haben Sie das Budget auf verschiedene Kanäle entsprechend der Erfolgsaussichten aufgeteilt?
Herausforderungen
Die große Gefahr bei der Unmenge an Jobbörsen und anderen Recruitungkanälen ist, dass Sie die Übersicht verlieren. Das kann entweder bedeuten, dass Sie zu wenige Kanäle auswählen oder zu viele. Die Angst, auf einer Plattform nicht vorhanden zu sein und eventuell Talente nicht zu erreichen, ist groß und weit verbreitet. Dennoch ist eine breite Streuung mit einem großen Kostenrisiko verbunden.
Lösung:
Führen Sie eine interne Bewertung von Recrutingkanälen durch, basierend auf Ihren internen Daten und einer Einschätzung, welche Zielgruppen bedient werden. Überlegen Sie bei jeder Stellenanzeige, welche Plattform die Talente erreicht, die Sie im Auge haben. Unterschätzen Sie dabei Jobmessen und die eigene Karriereseite nicht: hier erreichen Sie mit wenig Aufwand eine Vielzahl von Bewerber*innen. Zwei Kanäle, die gerne vergessen werden, sind der Talent Pool und die eigenen Mitarbeiter*innen. Wenn Sie eine Datenbank mit zuvor abgelehnten, aber qualifizierten Bewerber*innen haben, können Sie versuchen, diese zu kontaktieren. Ebenso hilfreich und kostengünstig sind Empfehlungen durch Mitarbeiter*innen. Lassen Sie Ihre eigenen Angestellten nach Kandidat*innen suchen, in dem diese eine Stelle in Ihren Netzwerken verbreiten. Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Mitarbeiter*innen Freund*innen mit ähnlichen beruflichen Qualifikationen haben.
4. Schritt im Einstellungsprozess: Lassen Sie den Fisch nicht vom Haken
Beim Angeln ist die größte Herausforderung nicht, den Köder ins Wasser zu halten, sondern den Fisch sicher und schnell an Land zu bringen. Bei Recruiting sind Schnelligkeit und optimale Kommunikation entscheidend. Viele Bewerber*innen springen ab, weil sie zu lange auf eine Antwort warten müssen. Studien haben gezeigt, dass Bewerber*innen abspringen, weil sie noch kein Feedback bekommen haben – und weil ein*e Mitbewerber*in schneller reagiert hat.
Heute sollte jede Bewerbung eine umgehende Antwort erhalten, ob qualifiziert oder nicht. Wenn Sie ein Bewerbermanagement-System benutzen, kann dieser Schritt automatisiert werden. Der Inhalt der E-Mail sollte individualisierbar sein, der Ton freundlich. Es reicht, sich freundlich für die Bewerbung zu bedanken und den Eingang zu bestätigen.
Auf diese Punkte sollen Sie bei der Kommunikation im Einstellungsprozess noch achten:
Sprechen Sie Bewerber*innen immer mit Namen an und benennen Sie die Stelle, auf die sich beworben wurde.
Verwenden Sie eine E-Mail-Adresse, auf die auch geantwortet werden kann.
Zögern Sie nicht, bei besonders interessanten Kandidat*innen umgehend anzurufen.
Sieben Sie ungeeignete Bewerbungen schnell aus (auch dieser Prozess kann automatisiert werden) und laden Sie schnellstmöglich zu Telefon- oder Videointerviews ein.
Ordnen Sie, wenn möglich, jede*r Bewerber*n eine*n feste*n Mitarbeiter*in zu.
Fragen Sie abgelehnte Bewerber*innen, ob Sie diesen in den Talent Pool aufnehmen dürfen.
Herausforderungen
Wenn viele Bewerbungen zu einer Stelle eintreffen, kann ein Recruiting-Team schnell mal überfordert sein. Oftmals werden dann Standardmails verschickt, die lediglich den Eingang bestätigen. Das kann Bewerber*innen abschrecken und sie brechen den Prozess ab. Eine schnelle Kommunikation ist heute bedeutend für einen erfolgreichen Einstellungsprozess. Doch manuell ist das kaum noch zu bewältigen.
Lösung:
Versuchen Sie die Kommunikation soweit wie möglich zu automatisieren. Gleichzeitig sollten Sie die Bewerber*innen so persönlich wie möglich ansprechen. Hier hilft Ihnen einem Recruiting-Software. Sie sendet umgehend eine freundlich formulierte Bestätigungsmail an die Kandidat*innen, eventuell sogar mit Erläuterungen der nächsten Schritte. Gleichzeitig werden besonders geeignete Bewerbungen markiert und direkt an die entsprechenden Recruiter*innen gemeldet.
5. Schritt im Einstellungsprozess: Interviews erfolgreich durchführen
Wer in die nächste Runde gekommen ist, sollte baldmöglichst zu einem Interview eingeladen werden. In einem persönlichen Gespräch lernen nicht nur Sie die Kandidat*innen kennen, sondern diese auch Sie und Ihr Unternehmen. Ein Bewerbungsgespräch läuft heute nicht mehr einseitig ab. Sie sollten es eher wie ein Verkaufsgespräch oder eine Geschäftsanbahnung verstehen. Gerade durch den Fachkräftemangel können sich viele qualifizierte Bewerber*innen Jobs aussuchen.
Befragungen haben gezeigt, dass digitale Bewerbungen heute eigentlich der Standard sind. Eine Befragung per Video ist Alltag für Bewerber*innen, ob live oder als Videobewerbung. Sie entscheiden sich nicht selten für Firmen, in denen sie sich wohlfühlen und bei denen das Interview einen guten Eindruck hinterließ.
Darauf sollten Sie bei Interviews achten:
Stellen Sie bei Video-Interviews sicher, dass die Technik funktioniert und sie ein Backup haben. Es kann peinlich sein, wenn Kandidat*innen sehen, dass Ihr Konzern nicht einmal einen Videocall durchführen kann.
Führen Sie Interviews nicht alleine durch, sondern mit Kolleg*innen, am besten aus der Fachabteilung.
Legen Sie vor dem Interview intern fest, welche Rolle die Teilnehmer*innen haben.
Die Sitzordnung ist entscheidend, wählen Sie daher eine offene Sitzordnung. Keineswegs sollten Sie sich hinter einem Schreibtisch verstecken.
Nehmen Sie sich Zeit, dem*der Bewerber*in zuzuhören.
Herausforderung
Für Interviews müssen Sie Termine vereinbaren, und das ist nicht immer einfach. Zum einen müssen Sie intern die passenden Mitarbeiter*innen finden, zum anderen auch den passenden Zeitpunkt mit den Bewerber*innen abklären. Das ist aufwändig und kann zu unerwünschten Verzögerungen führen.
Lösung:
Sie können Terminkalender verwenden, die mit anderen geteilt werden. In diesen werden freie Slots angezeigt und sie können diese buchen. Die einfachsten Lösungen sind eine Outlookerweiterung oder der Google-Kalender. Noch besser ist es aber, die Koordinierung der Interviewtermine in einem Recruiting-System zu organisieren. Hier haben Sie alle Daten an einer Stelle und vor allem auf einen Blick. Wenn Sie Mitarbeiter*innen einem Kandidatenprofil zuordnen, werden deren Kalender automatisch auf freie Zeiten überprüft und es Ihnen angezeigt. So können Sie schnell und unkompliziert einen Interviewtermin vereinbaren.
6. Schritt im Einstellungsprozess: Entscheidungen treffen
Am Ende des Bewerbungsprozesses werden Sie meistens mehr als eine*n Kandidat*in übrig haben. Auf jeden Fall werden Sie eine Entscheidung treffen müssen, und auch das ist ein Prozess, der gut geplant sein sollte. Bei der Auswahl des*der passenden Bewerber*in spielen mehrere Faktoren eine Rolle.
Grundsätzlich sollte eine Entscheidung immer im Team getroffen werden, und am besten im Konsens. Abstimmungen sind keine große Hilfe, da hier schnell ein Verlierergefühl aufkommen kann. Wenn es keinen Konsens geben sollte, dann kann die Abteilungsleitung oder die Geschäftsführung das letzte Wort haben.
Diese Faktoren sollten Sie bei einer Einstellungsentscheidung berücksichtigen:
Was macht die*den Bewerber*in besonders?
Was hebt den*die Kandidat*in von den anderen ab?
Was spricht für und was spricht gegen den*die Bewerber*in?
Aus welchen Bereichen kommend die größten Bedenken? (Wenn alle zukünftigen Kolleg*innen Nein sagen, sollte das auch akzeptiert werden)
Erstellen Sie ein Stärken/Schwächen-Profil und eine Pro/Contra-Matrix für alle in die engere Auswahl kommenden Bewerber*innen. Das kann Ihnen einen besseren Überblick geben.
Herausforderungen
Bei einer Einstellung gibt es keine objektiv richtige Entscheidung. Vieles ist Bauchgefühl, manchmal stimmt die Chemie, auch wenn die formalen Qualifikationen nicht besser sind als bei anderen Bewerber*innen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass jemand geeignet ist, das aber nicht mit Fakten untermauern können, kann es vorkommen, dass Sie im Team nicht verstanden werden. Es kann sogar den Vorwurf der Bevorzugung aufgrund persönlicher Vorlieben geben.
Lösung:
Wenn Sie einen professionellen Einstellungsprozess haben, dann werden die Kandidat*innen in der Endauswahl wahrscheinlich alle die gleichen fachlichen Voraussetzungen haben. Entscheidend ist dann, ob diese sich im Unternehmen wohlfühlen werden, ob es ein Cultural Fit gibt. Und das können Sie kaum vorab messen. Das Bauchgefühl ist ein durchaus guter Indikator, und Sie sollten im Team nachfragen, welches Gefühl die anderen haben. Sehr oft ist das ein Durchbruch bei der Entscheidungsfindung.
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